Wir sind jetzt seit einigen Wochen auf unserer 3-monatigen Tour unterwegs und erleben täglich spannende Dinge, wie das Orakel von Delphi zu besuchen oder durch den Kanal von Korinth zu fahren. Heute möchte ich euch aber einen ganz „normalen“ Tag erzählen. Voller überraschender Momente …
Vor ein paar Tagen lagen wir in einem winzigen Hafen in Galaxidi im Golf von Korinth. Sehr beschaulich und zusammen mit zwei anderen Paaren, die auch
liveabords sind. Alle 3 Schiffe wollen Richtung Kanal von Korinth, da die anderen beiden aber Segler sind, haben sie andere Pläne, wegen Wind und Welle. So verabschieden wir uns abends und denken, dass wir uns vermutlich jenseits des Kanals nochmal wieder sehen werden.
Wir als Motorbootfahrer gucken immer, dass die Wellen nicht hoch sind, wenn wir fahren und planen eine ca. 3-stündige Fahrt. Wind und Welle sollen fast nicht vorhanden sein – optimale Bedingungen für uns. Wir wollen in Ruhe frühstücken und dann alles vorbereiten und fahren, um später vor Anker zu liegen. Soweit der Plan …
Morgens früh, so gegen 7.00 Uhr fahren die ersten Segler aus dem Hafen ab. Auch unsere Freunde starten Richtung Osten. Irgendwie haben wir das Gefühl, wir sollten auch fahren und während der Fahrt frühstücken (bei uns gibt es dann Müsli). Herdentrieb halt 😉 Wir bereiten das Boot vor auf eine entspannte Fahrt mit anschließendem ankern. D. h. die Leinen werden verstaut (braucht man beim Ankern nicht), die Fenster geschlossen – kein Wind, keine Welle sind angesagt, also bleiben 2 Fenster offen, damit man unten noch atmen kann. Wir lösen unsere Leinen und los geht’s.
Nach 30 Minuten Fahrt fängt es an zu schaukeln. Wir „müssen nur noch aus der Bucht raus, dann wird es besser“ - wird es aber nicht. Es gibt Wellen und später auch Wind, und nicht nur eine Brise. Die Segler freuts, wir schaukeln übers Meer und so manche Welle geht über Bord. Mist, die Fenster!!! Ich gehe runter, schließe die Fenster und hebe schon mal das ein oder andere auf was nicht gut weggeräumt war (es sollten ja keine Wellen kommen). Alles kein Drama.
Als wir uns „unserer“ Ankerbucht nähern, sind auch dort schöne Wellen zu sehen, die den Badenden am Strand viel Spaß bereiten. Ankern möchten wir hier nicht. Also weiterfahren, aber wohin? In diesem Abschnitt des Golfs von Korinth gibt es so
gut wie keine Buchten oder Inseln wo man geschützt liegen könnten. Kurze Beratung der Crew und schon haben wir das gleiche Ziel wie unsere Segel-Freunde – den Hafen von Korinth.
Als wir den Kurs ändern, frischt der Wind so richtig auf und die Wellen kommen von der Seite. Sehr unangenehm und wir wissen, dass unten die Dinge, die nicht gut verstaut sind in Bewegung geraten. So
fahren wir noch 2 Stunden weiter, um bei böigem Wind im Hafenbecken zu ankern. Da ist gute Ankerkontrolle wichtig, denn es bläst immer noch in Böen mit 6 Windstärken. Aber hier ist ein guter Ankergrund und wir fühlen uns sicher. Nach und nach wird auch der Wind weniger und wir entspannen uns.
Was lernen wir mal wieder?
⚓ Schließe IMMER ALLE Fenster und räume immer ALLE Dinge weg, die sich bewegen könnten! Unser Schlafzimmer sieht aus, als wollten wir ausmisten. Aber nichts hat Schaden genommen, wir müssen nur aufräumen.
⚓ Bleibe flexibel und aufgeschlossen für neue Pläne und kommuniziere offen mit deiner Crew. – allerdings hat immer der Kapitän das letzte Wort, weil er die Verantwortung trägt.
⚓ Die Wettervorhersagen sind nicht verlässlich – checke mindestens 3 Wettermodelle
⚓ Alles hat oft auch sein Gutes und dazu kommen wir jetzt:
Am letzten Tag in Galaxidi hatten wir uns ausführlich über angeln, Thunfische, Doraden und anderes Getier und dessen Behandlung nach dem Angeln ausgetauscht. Stefan vom Nachbarschiff angelt seit Kindesbeinen und hat uns eine kleine Fortbildung verpasst. Wir sind in der Beziehung noch Greenhorns, haben aber eine Angel und Köder an Bord, die für tauglich befunden wurden.
Als Stefan und seine Frau in Korinth ankommen, haben sie einen schönen Thunfisch dabei und möchten ihn gerne mit uns und der 3. Crew teilen. Also werden unsere Essenspläne auf Eis oder eher gesagt in den Kühlschrank gelegt, eine Flasche Wein eingepackt, das Dinghi ins Wasser gelassen und zum Nachbarboot gefahren. Dort angekommen erfahren wir, dass wir nicht nur etwas abbekommen, sondern zum gemeinsamen Essen eingeladen sind. Welche Freude!
Wir sind weder gewaschen noch umgezogen – unsere Gastgeber auch nicht, keine Frau ist geschminkt. Allen ist es egal, alle helfen mit, die dritte Crew bringt noch Salat und mehr Wein mit. Super unkompliziert! Es wird ein sehr geselliger Abend mit viel Wein und Ouzo, Gelächter und Anekdoten aus dem Bootsleben und mit einem wunderbaren frischen gegrillten Thunfisch. Nicht ohne vorher noch eine Fortbildung zum Thema „Wie zerlege und filetiere ich einen Thunfisch richtig“ zu bekommen. Stefan macht das ganz wunderbar und alle träumen von zukünftig gefangenen und zubereiteten Thunfischen. Ich bin ja mal gespannt …
Und so beschließen wir nach 5 Stunden gesättigt an Körper und Seele diesen besonderen Tag, der sich so ganz anders ergeben hat, als er geplant war. Wir lieben es, spontan zu sein und Pläne an die Gegebenheiten anzupassen. Wir lernen gerne neue Leute kennen und hören deren Geschichten. Jede/r hat etwas zu erzählen, jeder Lebensplan ist anders. Wir finden das sehr spannend und bereichernd.
Es gibt auch Tage, an denen nichts Aufregendes passiert und das ist auch gut so. Wir brauchen auch Tage für Regeneration und „aufs Wasser schauen“ und tanken dabei unsere Akkus auf. Aber zu reisen bietet immer wieder die Chance Neues zu entdecken – auch bei sich selbst. Wir haben die Wahl, ob wir das wollen oder nicht. Manchmal wollen wir auch nur mal eine Woche in derselben Bucht sein und sind zufrieden mit uns und unserer Umgebung.
Bis wir dann weiterziehen.