Nachdem wir Kefalonia verlassen hatten, sind wir Mitte Juni weiter nach Süden nach Zakynthos gefahren. Diese Insel ist bekannt für eine „Schiffswrack-Bucht“, blue caves (die es gefühlt an fast jeder Insel gibt) und eine Schildkrötenbucht. Die Bucht mit dem Schiffswrack interessiert uns nicht besonders, ist aber eine Riesen-Attraktion für Touristen und wird täglich mehrfach mit Booten angefahren. Aussteigen ist nicht mehr erlaubt – es fallen immer wieder Steine von oben in die Bucht. Blue caves sind immer schön und Schildkröten erst recht. Unser erster Ankerplatz ist Agios Nikolaos im Norden. Weil es sehr windig und wellig ist als wir ankommen, entscheiden wir uns für einen Platz an der Ankerboje. Ein Marinero mit Boot kommt und hilft uns festzumachen mit 2 Leinen an der Boje und zusätzlichem Anker. Das sollte uns doch gut an Ort und Stelle halten.
Das Städtchen besteht aus ein paar Restaurants und Bars und 2 Minimärkten. Insgesamt nicht sehr aufregend. Leider sind die blue caves für eine Beiboot-Tour zu weit weg, sodass ich mir am nächsten Tag ein kleines Boot miete und zu einer Foto Tour dorthin aufbreche. Thorsten sitzt am Schreibtisch und kann mich leider nicht begleiten. Die Schiffsführerin versteht was ich möchte: nicht schwimmen, sondern Fotos machen. Sie fährt mit mir in enge Höhlen, durch Bögen, in geheime Eingänge, die ich so nicht gefunden hätte. Ich mache eine Menge Fotos und bin wieder einmal beeindruckt von den Farben von Gestein und Meer.
Nach 2 Tagen geht es weiter nach Süden. In knapp 3 Stunden ruhiger Fahrt erreichen wir die Lagana Bucht gegenüber der
Schildkröteninsel. Diese Insel heißt so, weil sie die Form einer Schildkröte hat und es dort welche zu beobachten gibt. Ob die sich aber wirklich blicken lassen bei den vielen Touristen, die da tagtäglich hinfahren??? Wir liegen in einer weiten Bucht im Naturschutzgebiet etwas entfernt vom kleinen Dorf Keri und genießen die Abwesenheit von Charterschiffen. Scheinbar ist der Süden von Zakynthos zu weit von den Charterbasen entfernt, so unsere Interpretation. Welch ein Ruhe! Und auch eine Schildkröte lässt sich am gleichen Abend blicken. Hohe Felsen auf der einen Seite und die Schildkröteninsel in gebührender Entfernung auf der andern, das ist unsere Aussicht für die nächsten paar Tage. Dazu durchsichtiges Wasser, das einen Blick bis auf den Meeresgrund erlaubt und ab und zu taucht eine Schildkröte auf. Wie schön!
Wir verbringen hier 5 Tage und genießen die Abwesenheit von viel Wind und vielen Menschen. Das Dorf gibt nicht viel her, aber wir können uns dort für die nächsten Tage verpflegen.
Am Wochenende geht’s weiter Richtung Festland. 7 Stunden Fahrt liegen vor uns, das Wetter ist günstig. Samstag morgens um kurz vor 8 Uhr fahren wir los. Gefrühstückt wird während der Fahrt. 7 Stunden Fahrt, die wir mit Lesen, Hörbuch hören, einfach nur gucken und snacken füllen. Ich persönlich kann stundenlang aufs Meer gucken, ohne dass mir langweilig wird. Die Wasseroberfläche und -farbe ändert sich immer wieder. Ohne besondere Vorkommnisse landen wir in Patras und machen in einer kleinen Marina fest. Wir wollen ein paar Dinge im Marinashop und einem größeren Supermarkt besorgen. Wieder mal freue ich mich, dass wir nicht wie so viele andere Wasser kaufen, schleppen und die Plastikflaschen entsorgen müssen. Was für eine Bereicherung doch unser Wassermacher ist.
Festgemacht an einem Kai bedeutet auch meistens, dass man irgendwo einen Wasserschlauch anschließen kann und wir unser völlig salzverkrustetes Boot waschen können. Außerdem gibt es Strom und wir können alle unsere Geräte mal vollständig aufladen. Wir bestellen einen Tankwagen und füllen unsere Dieseltanks. Das ist jedesmal eine teure Angelegenheit, ein definitiver Nachteil eines Motorboots.
Es gibt in der Stadt einen Waschsalon, also mache ich mich auf und erledige innerhalb von 3 Stunden unsere Wäsche, inklusive Gesprächen mit anderen Gästen des Waschsalons und mehreren Cappuccinos in der Wartezeit.
Ein paar Schiffe weiter liegt das Segelboot Chnupf und wir lernen die Crew Iwan und Annamaria kennen, mit denen wir einen schönen Abend verbringen und das Bootsleben diskutieren. Die beiden leben jährlich 9 Monate auf ihrem Boot und verbringen den Winter arbeitend in der Schweiz. Es gibt immer wieder neue Modelle, wie Menschen sich ihr Leben gestalten. Wer (noch) Geld verdienen muss, muss erfinderisch sein, um diesen Lebensstil leben zu können. Iwan und Annamaria haben ihr Modell gefunden und sind glücklich damit.
Weiter geht’s in den Golf von Korinth. Als erstes passieren wir die schöne Brücke Rio-Andirrio, die das Festland mit der Peloponnes verbindet. Eine, wie ich finde, architektonische Meisterleistung, die von allen Seiten wunderschön aussieht. Ich mache sehr viele Fotos. Zum Passieren dieser Brücke muss man sich über Funk anmelden und bekommt gesagt, wann und wo man dann durchfahren kann. Dadurch wird der Verkehr unter der Brücke geregelt, weil dort viel los ist mit einer querenden Fähre und viel Berufsschifffahrt.
Die nächste Station ist Triziona, eine Mini-Insel im Golf von Korinth. Wir ankern vor einem kleinen nie fertig gestellten Hafen. Ab nächsten Mittag ist viel Wind angesagt, sodass wir morgens in den Hafen fahren und uns dort gut festmachen. Eine gute Entscheidung, wie sich zeigt, weil der Wind nachmittags ganz ordentlich bläst. Auch die Chnupf ist inzwischen hier angekommen. Auf dieser Insel gibt es 7 Restaurants und ein Souvenirlädchen und ein paar Hotels. Will man einkaufen, muss man mit einer kleinen Personenfähre aufs Festland fahren. Alles, was gebraucht wird, wird mit dieser kleinen Fähre zur Insel transportiert. Sehr interessant zu beobachten ist, auf welche Art und Weise die Lieferungen abgeholt werden. Da werden Schubkarren, Sackkarren und alles, was Räder hat zum Transport benutzt. Nur Autos sieht man keine. In dem kleinen Dörfchen ist eine schöne, beschauliche Atmosphäre. Im Hafen, der ja nicht fertig ist und demnach auch nichts kostet und weder Strom noch Wasser bietet, liegen einige Langzeitlieger. Es ist auf jeden Fall eine kostengünstige und hübsche Alternative sicher zu liegen. Oder auch mal sein Boot abzustellen, um anderweitig unterwegs zu sein. Wir sehen einige unbewohnte Boote, manche scheinbar seit vielen Jahren verlassen.
Unser nächster Stopp im Golf von Korinth ist Galaxidi. Wir machen am Stadtkai fest und auch die Chnupf kommt hierhin und legt direkt hinter uns an. Ein weiteres Segelboot kommt – das haben wir doch auch in Triziona schon gesehen?? Die blue pearl mit Stefan und Carola an Bord machen neben uns fest. 3 deutschsprachige Boote auf einem Fleck – das gibt einen gemeinsamen sundowner-Abend bei uns an Deck. Wir lernen viel über Angeln und tauschen uns über unser (Boots-)Leben aus. Carola und Stefan leben schon 7 Jahre an Bord ihres Schiffes und sind auch schon um die Welt gesegelt. Da gibt es viel zu erzählend, viele Erfahrungen und Geschichten werden ausgetauscht.
Am nächsten Tag fahren wir zu viert nach Delphi, das Orakel besuchen. Das Beste ist ein gut gemachtes Museum, in dem viele Fundstücke zu bestaunen sind. Die Ausgrabungsstätte an sich hat uns nicht soo begeistert. Vielleicht haben wir auch schon zu viel gesehen… Aber zu wissen, dass wir hier an Originalschauplätzen der Geschichte stehen, ist schon sehr faszinierend.
Unsere nächste Fahrt gibt uns einen kleinen Vorgeschmack auf das, was in den kommenden Wochen unser stetiger Begleiter ist. Die Wettervorhersage sagt, dass im Golf von Korinth bis zum Abend wenig Wind ist, der dann etwas auffrischt. Wir wollen 3 Stunden fahren und in einer Bucht ankern. Unterwegs nimmt der Wind stetig zu, sodass wir diese Pläne nicht weiterverfolgen. Bei 5 Windstärken wollen wir gerne geschützter liegen und fahren daher bis nach Korinth durch. Dort liegen wir in einem (verlassenen?) Hafenbecken hinter schützenden Mauern. Es wackelt zwar etwas, aber der Anker hält gut und wir fühlen uns hier sicher. Auch die blue pearl und Chnupf kommen später an und gehen in den kleinen Hafen neben uns. Gute Nachrichten: Stefan hat einen Thunfisch gefangen und wir werden zum Essen eingeladen. So verbringen 3 Crews einen weiteren sehr schönen Abend zusammen in deren Verlauf es eine weitere „Fortbildung“ zum Thema „Thunfisch fangen und filetieren“ gibt. Wer will kann beim Filetieren helfen, die anderen bereiten die Beilagen vor und decken den Tisch. Es wird ein langer Abend mit sehr leckerem Essen, viel Ouzo, Wein, Bier und weiteren Geschichten. So kann man dieses Leben wirklich genießen.
Alle planen in den nächsten Tagen durch den Kanal von Korinth zu fahren und sind ein wenig aufgeregt.
Die Durchfahrt des Kanals von Korinth muss bezahlt und per Funk angemeldet werden. Der Kanal ist eine Einbahnstraße, der Verkehr wird von einer Zentrale geregelt. Er ist 6,3 km lang und nur 24 m breit bei einer Höhe von bis zu 83 Metern. Dieser Kanal wurde 1893 eröffnet und machte damit die Peloponnes zu einer Insel. Einige Brücken überqueren ihn, auf einer von ihnen kann man Bungeejumping machen. Der Kanal ist eine deutliche Abkürzung der Strecke, die sonst um die ganze Peloponnes herumführt, um vom ionischen Meer in die Ägäis zu kommen.
Morgens machen sich die Blue pearl und wir mit unserer Soulshine auf den Weg zum Kanaleingang und melden uns per Funk zur Durchfahrt an. Wir werden gebeten zu warten. Es dauert mehr als 1 Stunde, die wir vor dem Eingang herumdümpeln. Immer mehr Schiffe kommen heraus. Irgendwann ist es dann so weit. Die Zentrale gibt die Reihenfolge durch, in der wir die Durchfahrt machen sollen. Inzwischen sind bestimmt 10 Boote in Warteposition, die sich entsprechend sortieren und nacheinander in den Kanal einfahren. Die Durchfahrt ist beeindruckend! So hohe Wände – wie haben sie die im 19. Jahrhundert hergestellt? Wir sind beeindruckt, während der 40 Minuten, die diese Fahrt dauert. Eine sehr ungewöhnliche Wasserstraße, die dem Kapitän viel Konzentration abverlangt und uns wieder viele, viele Fotos beschert und ein unvergessliches Erlebnis.
Auf der Weiterfahrt zu unserem Ziel Korfos sehen wir plötzlich Thunfische springen. Motiviert durch Stefans Fang und Anleitung, wirft Thorsten unsere Angel aus und wir nehmen uns die Zeit ein paar Kreise zu fahren, um auch einen Thunfisch zu fangen. Doch leider bleibt das Anglerglück aus und wir fahren weiter bis in unsere nächste geschützte Bucht bei Korfos. Auch die Blue pearl ankert hier. Wir bleiben hier 3 Tage. Im Örtchen gibt es 2 Minimärkte und ein paar Restaurants und einen erstaunlich gut sortierten Marine-Shop. Wir können unsere Vorräte hier aufstocken und verbringen ruhige Tage vor Anker. Mit Stefan und Carola haben wir einen weiteren schönen Abend mit Sundowner am kleinen Hotelstrand. Lebensgeschichten werden ausgetauscht und Zukunftspläne erörtert.
Schön Menschen zu finden, mit denen man einfach stundenlang zusammensitzen und reden kann. Mal sehen, wie sich diese beginnende Freundschaft weiterentwickelt und wann wir uns wieder treffen, denn unsere Pläne für die nächsten Wochen unterscheiden sich. Wir müssen weiter, die beiden haben alle Zeit der Welt, weil es kein Ende ihrer Langfahrt gibt. Was für eine schöne Perspektive.
Langfahrer und Liveabords zeichnet eine Eigenschaft besonders aus. Sie sind meistens sehr entspannt. Für uns geht kein 2-wöchiger Segelurlaub zu Ende und wir müssen auch nicht noch soo viel sehen. Wir leben hier auf unserem Boot und haben viel Zeit alles in Ruhe zu erkunden. So können wir uns auch immer wieder Zeit lassen, wenn uns eine Bucht gut gefällt und entscheiden erst später weiterzufahren. Oder wir kommen nochmal wieder. Wer wie Stefan und Carola keinen „Heimathafen“ hat, kann auch einfach weiterziehen.
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